Tino († 08.12.2003)

„Geschichte eines Hundes“ oder:  Meine erste Erfahrung mit der Klassischen Homöopathie bei Tieren

„Dein erster Hund wird nie das werden, was Du erwartest. Aber alle anderen nach ihm werden nie wieder das für Dich sein, was Dein erster Hund war.“ (Indianerweisheit)

Vor vielen Jahren arbeitete ich als Tierarzthelferin in einer Kleintier- und Pferdeklinik. Eines Tages wurde uns von zwei stattlichen Männern mit dicken Handschuhen ein Notfall in die Praxis gebracht. In einer großen Holzkiste befand sich ein Hund, der schwer verletzt aufgefunden worden war. Zwei Schäferhunde hatten ihm so übel mitgespielt, daß er nicht mehr laufen konnte.

„Doktor, passen Sie auf, der beißt!“ wurde er uns angekündigt, und aufgrund der Kiste erwarteten wir einen Hund von mindestens 35 kg. Als die beiden Männer das Geheimnis lüfteten, standen wir einem ca. 9 kg kleinen Häufchen Elend gegenüber, das vor lauter Angst nur aus Fleischwunden und Zähnen zu bestehen schien.  Schmerzen, Angst und der Schock des gerade Erlebten machten einen Maulkorb für die weitere Behandlung notwendig. Der Hund wurde sofort notoperiert und blieb zur Nachbehandlung drei Wochen stationär in der Klinik. Trotz Anzeigen in der Tagespresse und Mitteilungen an Fundamt und mehrere Tierheime meldete sich kein Besitzer.

Niemand kannte die Geschichte dieses Hundes, der auf ca. 1½ Jahre geschätzt wurde.

Und auch sein Name war nicht herauszufinden. Nur eines war klar: er konnte bisher keine guten Erfahrungen mit Menschen gemacht haben, denn er ließ keinerlei näheren Kontakt zu. Jede tierärztliche Behandlung war ein wahrer Kraftakt: zunächst der Maulkorb, dann wurden drei Personen zum Festhalten gebraucht. Der kleine Rüde wehrte sich mit allen Kräften und schrie während der gesamten Behandlung vor lauter Panik wie am Spieß.

Als die Verletzungen nach drei Wochen relativ gut verheilt waren und sich immer noch kein Besitzer gefunden hatte, beschloß ich, den kleinen Kerl zu mir zu nehmen. Er hatte bis dahin vermutlich noch keine Wohnung von innen gesehen geschweige denn näher mit einem Menschen zusammen gelebt.

Es gab viele Dinge, die er schnell zu lernen hatte, z. B. wer der Rudelführer ist, und daß man auch als Hund mit 42 Zähnen nicht immer seinen Willen durchsetzen kann.

Natürlich hatte Tino, wie ich ihn nannte, massive Ängste. Aber er faßte langsam Vertrauen und lernte sehr schnell, da ich seinerzeit allein lebte und er überall hin mitgenommen wurde.

Bereits in den ersten Wochen zeigte es sich, daß sein Körper heftig auf das Trauma seiner Vergangenheit reagierte.

Wurde er einmal für wenige Stunden allein gelassen – was selten genug vorkam – folgten in den Tagen danach massive Magen-Darm-Beschwerden. Schulmedizinische Standardbehandlung begleitet von Infusionen manchmal über mehrere Tage waren regelmäßig notwendig, um seinen Zustand wieder in´s Lot zu bringen. Nicht selten war ich in der Nacht mehrere Male mit ihm draußen und einige Male auch nachts in der Klinik, weil Durchfall und Erbrechen nicht zu stillen waren und seine körperlichen Kräfte zusehends sanken.

So ging es genau sechs Jahre, manchmal 1x/Monat. Was Tino früher erlebt hatte und mit dem Alleinsein für wenige Stunden in Verbindung brachte, habe ich zu seinen Lebzeiten nie erfahren können. Ich hatte in den Jahren auch mehrere Heilpraktiker konsultiert in der Hoffnung, dem kleinen Kerl könne dauerhaft geholfen werden – ohne Erfolg.

Dann begann ich 1997 mit der Ausbildung zur Tierheilpraktikerin. Nach meinem Homöopathie-Seminar stieß ich auf ein Mittel, das zwar nicht ganz auf seinen Konstitutionstyp zu passen schien, dessen Arzneimittelbild jedoch verschiedene Dinge beschrieb, die ich bei meinem Hund beobachtet hatte.

Als ich ihm das Mittel (eine D 30) während meines damaligen Urlaubs zum ersten Mal verabreicht hatte, konnte ich miterleben, wie sich dieses Tier, mit dem ich nun schon sechs Jahre zusammen lebte, in wenigen Stunden(!!!) völlig veränderte. Dieser kleine, wenig selbstbewußte Kerl, der sich freiwillig nie naß oder schmutzig machte, rannte während der Fahrradtour über den frisch umgepflügten, matschigen Acker und ließ seine ganze Lebensfreude heraus.

Noch nie hatte ich ihn in all den Jahren so fröhlich und frei, so unbeschwert gesehen.

Tino mit 12 Jahren

Tino mit 12 Jahren

Ich stand einfach nur da, sah im zu und weinte. Fassungslos. NIEMALS hätte ich geglaubt, daß so etwas möglich sein kann!

Ich behandelte ihn weiter mit diesem Mittel in verschiedenen Potenzen. Es war faszinierend, zu sehen, wie sehr sich Tino veränderte. Er wurde nach und nach zu einem sehr selbstbewußten Hund, der gar nicht mehr daran dachte, sich anderen Hunden unterzuordnen. Und auch die körperlichen Probleme verschwanden. Ich konnte nun zu Seminaren fahren und holte denselben fröhlichen Hund bei meiner Freundin ab, den ich tags zuvor dort untergebracht hatte. Durchfälle und Erbrechen gehörten endgültig der Vergangenheit an, Tino zeigte intensive und bis dato nie gekannte Lebensfreude. Bis zu seinem Tod blieb er dieser unbeschwerte, fröhliche und oft lustige kleine Kerl – ich hätte es ihm (und mir) viel früher gewünscht.

Erst Monate nach seinem Abschied konnte ich einiges über die ersten 1½ Jahre meines verstorbenen Freundes erfahren:

Geboren wurde er auf einer s. g. „Hundefarm“. Die ersten Lebenswochen erlebte er ausschließlich in der Dunkelheit, im Schmutz und ohne menschlichen Kontakt. Oft hörte er Stimmen, ohne jemanden sehen zu können.

Als Welpe wurde er vermittelt, doch Menschen machten ihm Angst. So versuchte er, sich auf seine Art zu schützen: er begann schon ganz früh, zu beißen. Einen solchen Hund wollte man natürlich nicht haben, also wurde er weitergereicht.

Bereits in den ersten Lebensmonaten ging er durch viele viele Hände, doch es fanden sich keine liebevollen Menschen, die Geduld und Verständnis für seine Ängste hatten. Man behandelte ihn sehr schlecht, und da er sein Verhalten verständlicherweise nicht ändern konnte, hatte man sich seiner irgendwann kurzerhand entledigt. „Weggeworfen“ – er war anstrengend, paßte sich nicht an. Vermutlich hatte er sich dann einige Zeit allein durchschlagen müssen, bis er dann eines Tages auf das Gelände geriet, das von den beiden Schäferhunden bewacht wurde.

Für Tino war die Homöopathie eine Befreiung und der Start in ein neues Leben.

Mir hat sie gezeigt, wieviel Macht ein paar Globuli haben können – auch nach jahrelangem Kummer, der sich längst körperlich manifestiert hatte.

Und: die Homöopathie wirkt – auch wenn man nicht daran glaubt.